Synonyme: keyboard operation, keyboard interface

Siehe auch: Zeigeinstrumentbedienung, Fokusindikator, Navigationsreihenfolge

Alle Funktionen, die z. B. mit einem Zeigeinstrument, per Bewegungssteuerung oder per Spracheingabe aufrufbar sind, müssen auch mit der Tastatur aufrufbar sein, weil beeinträchtigte Benutzende ggf. kein Zeigeinstrument nutzen bzw. den Zeiger nicht sehen, die Bewegung nicht ausführen oder nicht sprechen können. Beeinträchtigte Benutzende können ggf. auch keine Tastatur nutzen, aber deren Assistenztechnologie simuliert die Tastatur und interagiert mit der Tastaturschnittstelle des Betriebssystems bzw. der Accessibility API.

Die Simulation eines Zeigeinstruments über die Tastatur (z. B. Tastaturmaus über den Ziffernblock) gilt in diesem Zusammenhang nicht als zulässige Bedienalternative zur Zeigeinstrumentbedienung.

Nr.EigenschaftBeschreibungKlassifizierungReferenz
125KontrastDie Kontrastanforderungen müssen auch bei der Tastaturbedienung, z. B. bei Erhalten des Fokus, eingehalten werden (siehe Farben und Kontraste).MussEN 301 549:
9.1.4.3, 11.1.4.3, 9.1.4.11, 11.1.4.11
126FokussichtbarkeitErhält ein Bedienelement den Tastaturfokus, dann muss der Fokusindikator sichtbar sein (siehe Fokusindikator).MussEN 301 549:
9.2.4.7, 11.2.4.7
127FokussichtbarkeitDer Fokusindikator muss zum Hintergrund ein Kontrastverhältnis von mindestens 3:1 aufweisen.MussEN 301 549:
9.1.4.11, 11.1.4.11
128Web: KonsistenzBedienelemente gleicher Funktionalität müssen innerhalb der Anwendung konsistent gestaltet werden. (siehe Konsistenz)MussEN 301 549: 9.3.2.4
129Web: KonsistenzNavigationselemente müssen innerhalb der Anwendung auf jeder Seite in der gleichen relativen Reihenfolge dargestellt werden und den Tastaturfokus erhalten.MussEN 301 549: 9.3.2.3
130Desktop: KonsistenzBedienelemente gleicher Funktionalität sollen innerhalb der Anwendung konsistent gestaltet werden.SollWCAG 2.1: 3.2.4 (AA)
131Desktop: KonsistenzNavigationselemente, die sich auf mehreren Masken wiederholen, sollen immer in der gleichen Reihenfolge dargestellt werden und den Fokus erhalten.SollWCAG 2.1: 3.2.3 (AA)
Nr.EigenschaftBeschreibungKlassifizierungReferenz
132TastaturbedienungDie gesamte Anwendung muss über die Tastatur bedient werden können. Davon ausgenommen sind notwendig pfadgebundene Eingaben, wie z. B. eine Unterschrift oder eine Freihandmaske in einem Bildbearbeitungsprogramm.

Hinweis 1: Eine Anwendung ist über Tastatur bedienbar, wenn alle interaktiven Elemente mit der Tastatur sowohl erreicht als auch bedient werden können.

Hinweis 2: Erhalten Bedienelemente nicht den Tastaturfokus, dann muss eine alternative Tastaturbedienung für die entsprechenden Funktionen angeboten werden.

MussEN 301 549:
9.2.1.1, 11.2.1.1
133TastaturbedienungAuch pfadgebundene Eingaben sollen mit der Tastatur bedienbar sein.SollWCAG 2.1: 2.1.3 (AAA)
134KonsistenzDie Tastaturbedienung soll gemäß den bekannten Konventionen der Plattformsoftware möglich sein. Weicht die Tastaturbedienung von diesen Konventionen ab, sollen Benutzende darüber informiert werden.

Hinweis: Die Tastaturbedienung für einzelne Elemente ist in diesem Dokument jeweils im Abschnitt „Tastaturbedienung“ erläutert.

SollISO 9241-171:
9.3.15
135ZeitbegrenzungenDie Tastaturbedienung muss ohne zeitliche Vorgaben möglich sein.

Hinweis: So ist es z. B. nicht zulässig,

  • dass eine Taste eine bestimmte Zeitdauer gedrückt werden muss, um eine Aktion auszulösen.
  • dass innerhalb eines bestimmten Zeitraums zwei Tasten nacheinander gedrückt werden müssen, um eine Aktion auszulösen.

MussEN 301 549:
9.2.1.1, 11.2.1.1
136TastaturfalleDie Anwendung darf keine Tastaturfallen enthalten.

Hinweis: Eine Tastaturfalle besteht darin, dass ein Element der Seite mit der Tastatur erreicht, aber nicht wieder mit der Tastatur verlassen werden kann.
Das Verlassen des Elements muss entweder mit den Standard-Navigationstasten (wie z. B. Tabulatortaste, Pfeiltasten, ESC) möglich sein oder Benutzende müssen über die Tastaturkürzel, die das Verlassen ermöglichen, informiert werden.

MussEN 301 549:
9.2.1.2, 11.2.1.2
137TastaturkürzelTasturkürzel für druckbare Zeichen ohne Modifikationstaste dürfen nicht eingesetzt werden, außer:
  • die Tastaturkürzel können deaktiviert werden,
  • die verwendeten Tastaturkürzel können so neu festgelegt werden, dass keine druckbaren Zeichen verwendet werden müssen,
  • die Tastaturkürzel gelten nur, wenn sich der Tastaturfokus auf einem bestimmten Element befindet.

Hinweis: Modifikationstasten sind z. B. die Alt- und Strg-Taste. Druckbare Zeichen sind u. a. Klein- und Großbuchstaben, Zahlen, Satzzeichen, Sonderzeichen. U. a. die folgenden Tasten können ohne Modifikationstaste verwendet werden: ESC, Entf, Funktionstasten, Tabulatortaste, Eingabetaste, Leertaste, Pfeiltasten.

MussEN 301 549:
9.2.1.4, 11.2.1.4
138NavigationsreihenfolgeBei der Navigation mit der Tastatur muss die Navigationsreihenfolge aufgabenangemessen sein (siehe Navigationsreihenfolge).MussEN 301 549:
9.2.4.3, 11.2.4.3
139NavigationsreihenfolgeBei der Navigation mit der Tastatur soll die Fokusreihenfolge der Arbeitsaufgabe angemessen sein.SollEN 301 549:
9.2.4.3, 11.2.4.3
140BewegungssteuerungKann die Anwendung per Bewegung gesteuert werden, dann muss die Bewegungssteuerung deaktiviert werden können und eine Tastaturalternative für die Bewegungssteuerung vorhanden sein.

Hinweis 1: Bewegungssteuerung umfasst sowohl die Bewegung der Hardware als auch Bewegungen der Benutzenden, die z. B. per Kamera von der Software registriert werden.

Hinweis 2: Ausgenommen sind notwendige Bewegungssteuerungen wie bei einem Schrittzähler oder einem GPS-Gerät.

MussEN 301 549:
9.2.5.4, 11.2.5.4
141BiometrieWenn bei der Bedienung biometrische Daten verlangt werden (z. B. Fingerabdruck, Gesichtserkennung), dann muss eine alternative Bedienmethode zur Verfügung gestellt werden.

Hinweis: Die alternative Methode kann ebenfalls auf biometrischen Daten beruhen, sofern dafür eine andere Form biometrischer Daten verwendet wird.

MussEN 301 549: 5.3
142KontextänderungBei der Navigation mit der Tastatur darf keine Kontextänderung erfolgen.MussEN 301 549:
9.3.2.1, 11.3.2.1
143KontextänderungBei der Wertänderung von Formularelementen mit der Tastatur darf keine unerwartete Kontextänderung erfolgen.MussEN 301 549:
9.3.2.2, 11.3.2.2
144Eingeblendeter InhaltWenn bei Erhalten des Tastaturfokus zusätzlicher Inhalt eingeblendet wird, muss dieser mit der Tastatur wieder ausgeblendet werden können, ohne den Tastaturfokus wegzubewegen, außer

Hinweis 1: Davon ausgenommen sind unveränderte Inhalte, deren Einblenden standardmäßig durch die Plattform-Software erfolgt, wie z. B. Standard-Tooltips der jeweiligen Programmiersprache.

Hinweis 2: Das Ausblenden des automatisch eingeblendeten Inhalts kann z. B. mit ESC erfolgen.

MussEN 301 549:
9.1.4.13, 11.1.4.13
145Eingeblendeter InhaltWenn bei Fokuserhalt mit der Tastatur zusätzlicher Inhalt eingeblendet wird, muss dieser so lange angezeigt werden, bis der Tastaturfokus wegbewegt wird, außer
  • der Inhalt wurde explizit geschlossen (z. B. mit ESC) oder
  • der Inhalt ist nicht mehr gültig (z. B. eine Fehlermeldung beim Eingabefeld nach Eingabe eines korrekten Werts).

Hinweis: Davon ausgenommen sind unveränderte Inhalte, deren Einblenden standardmäßig durch die Plattform-Software erfolgt, wie z. B. Standard-Tooltips der jeweiligen Programmiersprache.

MussEN 301 549:
9.1.4.13, 11.1.4.13
146Verschiedene BedienmethodenBenutzende sollen jederzeit und beliebig zwischen verschiedenen Bedienmethoden (z. B. Bedienung mit der Tastatur und Bedienung mit der Maus) wechseln können.SollWCAG 2.1: 2.5.6 (AAA)
147Web: EffizienzInhaltsbereiche, die auf mehreren Seiten vorkommen, müssen mit der Tastatur übersprungen werden können (siehe Praxistipp Effiziente Tastaturnavigation).MussEN 301 549: 9.2.4.1
148EffizienzHäufig benötigte Funktionen sollen effizient mit der Tastatur aufgerufen werden können.

Hinweis: Um das zu erreichen, können z. B. Tastaturkürzel und Kontextmenüs implementiert werden. Die Tastaturkürzel sollen in der Anwendung und Hilfe dokumentiert werden.

SollDIN EN ISO 9241-171: 9.3.10

Tastaturbedienung (allgemeine Anforderungen)

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Hinweis: Die Bedienung einzelner Elemente wird beim jeweiligen Element beschrieben.

Hinweis: Die Tastaturbedienung muss in der Regel nicht separat implementiert werden, weil die Plattformsoftware oder das verwendete Framework diese bereits zur Verfügung stellt. Es soll jedoch darauf geachtet werden, die Tastaturkürzel nicht für eigene Funktionen zu überschreiben.

AktionTasteKlassifizierung
Navigation zu einem interaktiven Element, Verlassen eines interaktiven ElementsTABErforderlich
Umkehr der NavigationsrichtungUMSCHALT + [Navigationstaste]

z. B. UMSCHALT+TAB oder UMSCHALT+F6
Erforderlich
Markieren, AuswählenUMSCHALT + [Navigationstaste]

z. B. UMSCHALT+PFEIL AB oder UMSCHALT+POS1
Erforderlich
Navigation innerhalb interaktiver Elemente (z. B. einer Tabelle, Baumstruktur, Auswahlliste, Radiobuttongruppe etc.)PfeiltastenErforderlich
Aktivierung interaktiver Elemente
  • EINGABE
  • LEER
Erforderlich
Öffnen des Kontextmenüs
  • KONTEXTMENÜ
  • UMSCHALT+F10
Erforderlich
Desktop: Systemmenü des AnwendungsfenstersALT+LEERErforderlich
Schnellnavigation zu Beginn und Ende
  • POS1
  • ENDE
Empfohlen
Schnellnavigation (Überspringen mehrerer Elemente)
  • BILD AUF
  • BILD AB
Empfohlen
Desktop: Fokussieren und Verlassen des Hauptmenüs
  • ALT
  • F10
Empfohlen
Desktop: Navigation zwischen Anwendungsbereichen
  • STRG+TAB
  • F6
Empfohlen
Schließen von eingeblendeten Inhalten (wie Tooltips, Pop-ups, Untermenüs)ESCEmpfohlen
Alles auswählenSTRG+AEmpfohlen
Kopieren der Auswahl in die ZwischenablageSTRG+CEmpfohlen
Ausschneiden der Auswahl in die ZwischenablageSTRG+XEmpfohlen
Einfügen der ZwischenablageSTRG+VEmpfohlen
Rückgängigmachen der letzten AktionSTRG+ZEmpfohlen
Wiederholen der letzten Aktion bzw. Wiederherstellen des RückgängigmachensSTRG+YEmpfohlen
Löschen von ElementenENTFEmpfohlen
Desktop: Aufruf der HilfeF1Empfohlen
Desktop: Aufruf der kontextsensitiven HilfeUMSCHALT+F1Empfohlen
Desktop: Schließen der AnwendungALT+F4Empfohlen
Nr.EigenschaftBeschreibungKlassifizierungReferenz
149Desktop: BedienungAlle Bedienmöglichkeiten des Elements müssen an die Accessibility API übermittelt werden.MussEN 301 549:
11.5.2.11
150BedienungAlle Bedienmöglichkeiten des Elements müssen mit Assistenztechnologie ausführbar sein (siehe Accessibility API).MussEN 301 549: 9.4.1.2, 11.4.1.2, 11.5.2.12, 11.5.2.14, 11.5.2.16, 11.5.2.17
151Tastenkürzel, SchnelltasteTastaturkürzel und Schnelltasten, die in der Anwendung visuell wahrnehmbar sind, müssen auch an die Accessibility API übermittelt werden.MussEN 301 549: 9.1.3.1, 11.1.3.1
152PositionDas fokussierte Element, sowie der gewählte Eintrag innerhalb eines Elements müssen an die Accessibility API übermittelt werden.MussEN 301 549: 9.4.1.2, 11.4.1.2, 11.5.2.13
153Desktop: PositionDie Position des Textcursors muss an die Accessibility API übermittelt werden.MussEN 301 549: 11.5.2.13
154Desktop: PositionDie räumliche Größe und Position der Elemente müssen an die Accessibility API übermittelt werden (siehe Fokusindikator).MussEN 301 549:
11.5.2.5, 11.5.2.10

Praxistipp Tastaturbedienung in Web- und Desktop-Anwendungen

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Die Standardelemente der Auszeichnungs- bzw. Programmiersprache oder des verwendeten Frameworks sind in der Regel vollständig tastaturbedienbar. Diese sollen somit bevorzugt verwendet werden.

Werden benutzerdefinierte Elemente verwendet, so soll bezüglich der Tastaturbedienbarkeit insbesondere auf Folgendes geachtet werden:

  • Erreichbarkeit mit der Tastatur (z. B. mittels tabindex),
  • Bedienbarkeit mit der Tastatur (Eventhandler für die Tastatur bzw. geräteunabhängige Eventhandler),
  • Bedienbarkeit ist erwartungskonform oder dokumentiert (erwartungskonform hinsichtlich der visuellen Darstellung und der Rolle, die an die Accessibility API übermittelt wird).
  • Fokusindikator,
  • Fokushandling (z. B. kein Fokusverlust bei Bedienung; Navigationsreihenfolge),
  • ggf. definierte Tastaturkürzel sind konsistent mit denen der Plattformsoftware bzw. überschreiben die der Plattformsoftware nicht.

Wird ein benutzerdefiniertes Element implementiert, empfiehlt es sich häufig, ein verwandtes Standardelement zu verwenden und entsprechend anzupassen, weil dann die Grundfunktionalität des Standardelements genutzt werden kann.

Das Ziehen und Ablegen von Elementen (Drag & Drop) kann nur mit einem Zeigegerät ausgeführt werden. Es wird empfohlen, die Bedienalternative mit der Tastatur so zu gestalten, dass sie effizient und erwartungskonform genutzt werden kann. Mögliche Varianten sind u. a.

  • Kontextmenü (z. B. zum Verschieben von Elementen in andere Bereiche),
  • mehrere Schalter, gruppiert in einer Werkzeugleiste (z. B. zur Änderung der Reihenfolge von Elementen innerhalb eines Bereichs),
  • ein Schalter (z. B. zum Datei-Upload),
  • eigene Tastaturkürzel (z. B. Anpassung der Größe von Elementen),
  • Tastaturkürzel der Plattform (z. B. Ausschneiden und Einfügen von Elementen mit STRG+X und STRG+V),
  • Pfeiltastenbedienung (z. B. bei einem Schieberegler),
  • Start und Ende mit der EINGABE-Taste, Bewegung mit den Pfeiltasten (z. B. Zeichnen einer Freihandmaske).

Häufig ist eine Kombination der Varianten sinnvoll (z. B. Schalter und Tastaturkürzel).

Da die Bedienalternative mit der Tastatur in der Regel nicht ersichtlich ist, sollte sie in der Anwendung und Hilfe beschrieben werden.

Nicht dauerhaft sichtbare Bedienelemente

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Bedienelemente, die bei der Bedienung der Anwendung ein- und ausgeblendet werden, z. B.

  • weil sie sich in Tooltips befinden oder
  • weil sie nur angezeigt werden, wenn sich der Tastaturfokus an einer bestimmten Position befindet,

sind mit der Tastatur in der Regel nicht zu bedienen.

Es wird empfohlen, Bedienelemente dauerhaft anzuzeigen und z. B. Bedienelemente in Tooltips zu vermeiden.

Alternativ muss eine Bedienalternative mit der Tastatur implementiert und in der Hilfe und Anwendung beschrieben werden. Darüber hinaus muss die Anwendung so gestaltet werden, dass mit Assistenztechnologie wahrnehmbar ist, wann nicht dauerhaft sichtbare Elemente eingeblendet werden. So müssen z. B. blinde Nutzende mit dem Screenreader erkennen können, dass ein Tooltip Bedienelemente enthält, damit sie die dokumentierte Bedienalternative mit der Tastatur nutzen können.

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