Einleitung
Permalink "Einleitung"In diesem Kapitel werden die Unterschiede in der Nutzung von PDF-Dokumenten und anderen Dateiformaten mit assistiven Technologien dargestellt. Es geht insbesondere um die Herausforderungen, aber auch die potenziellen Vorteile von PDF-Dokumenten bei der Nutzung mit assistiven Technologien. Ziel ist es ein Verständnis für die PDF-spezifischen Besonderheiten zu vermitteln, die wichtig sind, um diese Art von Dokumenten barrierefrei zu erstellen.
Kurze Einführung in die Funktionsweise von assistiven Technologien
Permalink "Kurze Einführung in die Funktionsweise von assistiven Technologien"Assistive Technologien helfen Nutzenden mit Beeinträchtigungen den Bildschirm wahrzunehmen, oder mit dem Computer zu interagieren. Dafür ist es notwendig, dass auf die Informationen auf dem Bildschirm zugegriffen werden kann. Diese können dann beispielsweise in Sprache umgewandelt werden (Text-To-Speech), in Brailleschrift ausgegeben oder vergrößert dargestellt werden. Dies alles kann von entsprechender Software geleistet werden.
Zugriff auf Informationen aus nicht PDF-Dokumenten
Permalink "Zugriff auf Informationen aus nicht PDF-Dokumenten"Bei Word- und anderen Dokumentenformaten ist es für assistive Technologien möglich über entsprechende Mechanismen direkt auf das Dokument mit all seinen Informationen zuzugreifen. So kann beispielsweise die Struktur eines Dokumentes (Überschriften, Listen …) und natürlich auch der eigentliche Text ausgelesen werden, sofern das Ausgangsdokument korrekt erstellt wurde. Auch in das Dokument eingebettete Grafiken können erkannt werden und beispielsweise mit dem entsprechend vergebenen Alternativtext ausgegeben werden. Dies ermöglicht es Nutzenden das Dokument direkt zu lesen. Es ist neben der assistiven Technologie kein weiteres „Hilfsmittel" notwendig, um alle Inhalte im Dokument wahrnehmen zu können.
Zugriff auf PDF-Dokumente
Permalink "Zugriff auf PDF-Dokumente"PDF-Dokumente wurden ursprünglich für den Druck verwendet. Hierfür hat sich das Format als besonders praktisch erwiesen, da es eine feste Seitenstruktur hat. Das Format ist außerdem auf allen Endgeräten, für die es entsprechende Viewer oder Reader gibt, lesbar und sieht auch immer gleich aus. Das Format hat allerdings erst einmal keine Barrierefreiheit „eingebaut“. Assistive Technologien können also nicht direkt auf die Informationen innerhalb des PDF-Dokumentes zugreifen. Damit auch PDF-Dokumente für Menschen mit Beeinträchtigungen zugänglich sind, wurde der sogenannte PDF/UA Standard entwickelt. Das UA steht hier für „Universal Accessibility“, also „allgemeine Zugänglichkeit“. Dieser Standard ermöglicht es assistiven Technologien auf die Informationen zuzugreifen, die sich in dem Dokument befinden.
Was passiert technisch?
Permalink "Was passiert technisch?"Damit das PDF-Dokument zugänglich wird, muss der oben genannte PDF/UA Standard umgesetzt werden. Dafür erhält jeder Inhalt im Dokument einen sogenannten „Tag“ – also ein „Etikett“. Damit wird die Art des Inhalts erkannt: Überschrift, Text, Bild, Liste, Tabelle … Die Tags gemeinsam bilden die Tag-Struktur oder anders genannt, den Tag-Baum. In der Tag-Struktur ist sowohl die Art des Inhalts, wie auch die korrekte Lesereihenfolge abgebildet. Die Tag-Struktur ist für assistive Technologien ähnlich einer HTML-Struktur, die dann verarbeitet und ausgegeben werden kann. Für Screenreader beispielsweise sieht ein PDF-Dokument aus wie eine Webseite und lässt sich auch entsprechend navigieren. Viele WCAG-Erfolgskriterien (EN 301 549 Abschnitt 10) können daher auf PDF-Dokumente angewendet werden. Es gibt beispielsweise auch im PDF/UA Standard H-Tags, wie im HTML, die zur Darstellung von Überschriften verwendet werden. Auch die Interaktion, wie beispielsweise mit Links, funktioniert dann wie auf Webseiten. Mit Hilfe der Tag-Struktur können auch komplexe Strukturen, wie Tabellen oder Fußnoten abgebildet werden. Somit kann komplexe Information, wie eine Tabelle, auch für alle Nutzenden in einem PDF-Dokument mit Hilfe des PDF/UA Standards barrierefrei zur Verfügung gestellt werden. Es lässt sich also sagen, dass ein PDF-Dokument ohne Tags, für assistive Technologien nicht zugänglich ist, ein korrekt getaggtes PDF-Dokument hingegen kann alle Informationen barrierefrei darstellen.
Beispiel für einen Tag-Baum
Permalink "Beispiel für einen Tag-Baum"Im folgenden wird ein Beispiel für einen Tag-Baum dargestellt, um zu illustrieren, wie die Information aus einem Dokument umgesetzt wird.
Tag-Baum in Listenstruktur
Permalink "Tag-Baum in Listenstruktur"<Document>
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Der PDF/UA Standard
Permalink "Der PDF/UA Standard"Wie oben beschrieben, ist der Standard die Grundlage für assistive Technologien, um ein PDF-Dokument barrierefrei darzustellen. Damit dies gelingt, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Das Dokument muss den PDF/UA Standard unterstützen
- Der Viewer oder Reader muss den PDF/UA Standard unterstützen
- Die assistive Technologie muss die Information korrekt verarbeiten und darstellen.
Was passiert im Acrobat Reader, wenn keine Tags vorhanden sind?
Permalink "Was passiert im Acrobat Reader, wenn keine Tags vorhanden sind?"Wenn ein Dokument nicht getagt ist, ist es erst einmal für assistive Technologien nicht zugänglich. Der Acrobat Reader erkennt, beim Öffnen eines Dokumentes, ob auf dem PC beispielsweise ein Screenreader läuft. Wenn das so ist, versucht er selbstständig eine Tag-Struktur aufzubauen. Dafür wird das Dokument analysiert und anhand der Ergebnisse wird eine entsprechende Struktur aufgebaut. Diese Struktur ist allerdings nicht immer korrekt und daher sind die automatisch getagten Dokumente oftmals nur begrenzt zugänglich. Daher ist es notwendig, dass die korrekte Tag-Struktur durch die Erstellenden des Dokuments festgelegt wird.
Vorteile der Tag-Struktur
Permalink "Vorteile der Tag-Struktur"Das assistive Technologien nicht direkt auf die Dokumentinformationen, sondern über die Tag-Struktur an die notwendigen Informationen kommen, kann auch ein Vorteil sein. So können beispielsweise Informationen mit Hilfe der Tag-Struktur anders aufbereitet werden, als diese optisch auf dem Bildschirm präsentiert werden. Für die optische Darstellung kann es insbesondere von Vorteil sein, Inhalte in einer unsichtbaren Tabelle anzuordnen. In der Tag-Struktur kann es hingegen ratsam sein, eine solche Tabelle vollständig in Form von Listen bzw. Listeneinträgen darzustellen. Mit einer solchen bewusst vorgenommenen Anpassung kann der Inhalt eines Dokuments für unterschiedliche Zielgruppen auf bestmögliche Art und Weise zugänglich und verständlich gemacht werden. Vergleiche dazu auch den Abschnitt Hinweise zur Gestaltung von Tabellen.
Fazit
Permalink "Fazit"PDF-Dokumente können aus der derzeitigen Standardsoftware nur mit zusätzlichen PlugIns / Addins barrierefrei erstellt werden. Wenn PDF-Dokumente direkt mit der Standardsoftware konvertiert werden, sind sie in der barrierefreien Herstellung komplexer als die Ausgangsformate, da im auf diese Weise erzeugten PDF-Dokument aufwändig nachgearbeitet werden muss. PDF-Dokumente bieten durch die Navigation wie auf Webseiten eine schnelle Möglichkeit für Screenreader gezielt zu bestimmten Informationen zu springen. In Ausnahmefällen ist es möglich für assistive Technologien eine abweichende Dokumentenstruktur aufzubauen, die besser auf die Bedürfnisse von Menschen mit Beeinträchtigungen eingeht, als es ggf. bei der Originalstruktur der Fall ist.
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