Barrierefreiheit ist gesetzlich festgeschrieben. Öffentliche Stellen und damit auch Hochschulen sind zur Umsetzung von barrierefreien Webseiten, Dokumenten und Anwendungen verpflichtet. Was digitale Barrierefreiheit für IT-Lösungen bedeutet, ist in Verordnungen, Normen und Standards geregelt. Daran müssen sich Anbieter orientieren, wollen sie Aufträge für öffentliche Stellen wie Hochschulen übernehmen. Auf der Webseite von BFIT-Bund (Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik - Publikationen - Informationen zur Umsetzung von barrierefreier Informationstechnik im Sinne von § 3 Absatz 5 BITV 2.0 (bfit-bund.de) und auf der Webseite Barrierefreie IT Hessen (https://lbit.hessen.de/durchsetzungs-und-ueberwachungsstelle/gesetze-richtlinien), finden Sie eine Übersicht über die gesetzlichen Grundlagen sowie die technischen Normen und Standards.

Darüber hinaus ist Universelles Design ein wichtiges Qualitätskriterium, das bei der Anschaffung und Entwicklung digitaler Produkte und Dienstleistungen beachtet werden sollte. Universelles Design ist ein Gestaltungskonzept, wie Produkte, Geräte und Umgebungen so gestaltet werden, dass sie von allen Menschen möglichst weitgehend und ohne Anpassungen genutzt werden können. Eine Übersicht über die Prinzipien des Universal Design werden im Kapitel Universelles Design vorgestellt.

Die verschiedenen Richtlinien und Standards zur digitalen Barrierefreiheit adressieren ein breites Spektrum an Beeinträchtigungen – Sinnesbeeinträchtigungen, motorische, kognitive und neurologische Beeinträchtigungen, Sprach- und Lernbeeinträchtigungen oder Teilleistungsstörungen.

Die Maßnahmen zur Gewährleistung von digitaler Barrierefreiheit lassen sich in vier grundlegende Prinzipien nach der WCAG (Web Content Accessibility Guidelines, WCAG 2 Overview | Web Accessibility Initiative (WAI) | W3C) zusammenfassen:

  • Wahrnehmbarkeit: Können es alle wahrnehmen - also sehen, hören oder tasten?
  • Bedienbarkeit: Können es alle bedienen?
  • Verständlichkeit: Können es alle verstehen?
  • Robustheit: Können es alle mit assistiven Technologien nutzen?

Prinzip der Wahrnehmbarkeit

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Dieses Prinzip ist vor allem relevant für Menschen mit Seh- und Hörbeeinträchtigungen sowie vollständiger Blindheit und Gehörlosigkeit, aber auch für andere Beeinträchtigungen der Wahrnehmung. Zum Beispiel:

  • Bei Sehbeeinträchtigungen helfen klare Farbkontraste und Vergrößerungsmöglichkeiten.
  • Bei Farbfehlsichtigkeit dürfen Informationen nicht nur über die Farbe transportiert werden, zudem sind auch hier gut unterscheidbare Farbkontraste notwendig.
  • Für blinde Menschen müssen Alternativen für optische Informationen (Bilder, Grafiken, Videos) bereitgestellt werden. Alle Elemente einer Webseite oder Anwendung müssen sich in ihrer Gesamtheit mit einem Screenreader vorlesen lassen können.
  • Für Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung müssen auditive Informationen durch Textinformationen ersetzt werden: Videos benötigen etwa eine Untertitelung, für Audio-Dateien sollten Transkripte in Textform als Alternative angeboten werden.
  • Gehörlose Menschen brauchen zusätzliche Gebärdensprachübersetzungen.
  • Kognitiv beeinträchtigte Menschen benötigen eine ruhige Oberfläche mit funktional klaren Bezügen sowie unterscheidbare Gestaltung von Elementen und Textblöcken. Der Bildschirm sollte anpassbar sein, ohne Verlust von Informationen. Auch sollten Hilfetexte für Formulare vorhanden sein.

Das Prinzip der Bedienbarkeit ist für Menschen mit Bewegungseinschränkungen, aber auch kognitiven Beeinträchtigungen sehr wichtig. Zum Beispiel:

Menschen mit Bewegungseinschränkungen können eine Computer-Maus oder Touchscreens gar nicht oder nur eingeschränkt bedienen. Bei eingeschränkter Beweglichkeit und Kraft kann es schwierig sein, kleine Schaltflächen zu treffen oder Funktionen innerhalb einer begrenzten Zeit auszulösen. Das gleiche gilt für komplexe Gesten bei Touchscreens. Wer keine Maus benutzen kann, muss alle Anwendungen mit alternativen Ansteuerungen erreichen können. IT-Lösungen und Webseiten müssen daher eine vollständige Tastaturbedienbarkeit gewährleisten. Formulare und ähnliches sollten per Sprachsteuerung bedient werden können.

Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen benötigen mehr Zeit. Zeitbegrenzungen sollten daher abschaltbar sein (zum Beispiel bei Anmelde- oder Authentifizierungsprozessen). Blinken und Flackern sollte nicht vorkommen. Links sollten erkennbar sein und der Linkzweck sollte klar ausgezeichnet sein. Die Navigation sollte einheitlich und eindeutig gestaltet sein (sogenannter Brotkrümelpfad).

Prinzip der Verständlichkeit

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Zum Prinzip der Verständlichkeit gehören die Einfachheit und Klarheit des Designs, die inhaltliche sowie strukturelle Eindeutigkeit von Webseiten oder Programmoberflächen und die sprachliche Textgestaltung.

Es sollte keine Schwierigkeiten bereiten, aus der Menge an Informationen das Relevante herauszufiltern und sich in der Struktur der Bedienoberfläche zurechtzufinden.

Verständlich und klar umgesetzte IT-Lösungen helfen u.a. Menschen mit eingeschränkter Konzentrationsfähigkeit und Erinnerungsvermögen, Lernbeeinträchtigungen und Teilleistungsstörungen wie Legasthenie, Dyskalkulie oder ADHS. Die Konzentrationsfähigkeit kann auch durch chronische Krankheiten oder psychische Beeinträchtigungen zeitweise eingeschränkt sein.

Assistive Technologien ermöglichen vielen Menschen mit Beeinträchtigungen die Nutzung von Computern und digitalen Medien: Blinde Menschen setzen auf einen Screenreader oder die Vorlesefunktion ihres Endgerätes, bei motorischen Beeinträchtigungen spielen Maus-Alternativen oder eine Sprachsteuerung eine große Rolle.

Alle Webseiten und IT-Lösungen müssen daher so robust gestaltet sein, dass sie mit einer Vielzahl von momentan verfügbaren und zukünftigen Benutzeragenten, wie z. B. Browser, Mediaplayer oder assistive Technologie vollständig nutzbar sind.

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Die Perspektiv-Videos der Web Accessible Initiative zeigen in wenigen Minuten, warum verschiedene Prinzipien der Barrierefreiheit für Menschen mit Beeinträchtigungen notwendig und für alle hilfreich sind. Die Videos sind in englischer Sprache mit englischsprachigen Untertiteln und Transskripten verfügbar.

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