Von einer modernen und zukunftsfähigen IT wird erwartet, dass sie barrierefrei zugänglich und nutzbar ist. Das Behindertengleichstellungsgesetz verpflichtet in § 12a Abs. 1 Satz 2 BGG dazu, elektronisch unterstützte Verwaltungsabläufe sowie die Verfahren zur elektronischen Vorgangsbearbeitung und zur elektronischen Aktenführung, einschließlich der elektronischen Dokumente und Formulare, barrierefrei zu gestalten. Inhaltsgleiche oder vergleichbare Verpflichtungen ergeben sich auch aus den Behindertengleichstellungsgesetzen der Bundesländer sowie aus zahlreichen Fachgesetzen (siehe dazu die Vertiefungshinweise im Anhang, unter 6.1). Nach § 12a Abs. 2 BGG erfolgt die barrierefreie Gestaltung nach Maßgabe der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) und, soweit diese keine Vorgaben enthält, nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Auch zahlreiche andere Rechtsvorschriften verweisen zur barrierefreien Gestaltung auf die BITV 2.0.

Darüber hinaus verpflichtet das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in § 121 Abs. 2 GWB dazu, bei Ausschreibungs- und Vergabeverfahren die Anforderungen an die Barrierefreiheit in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn die Behindertengleichstellungsgesetze von Bund und Ländern keine ausdrückliche Regelung zur Barrierefreiheit enthalten. Lässt sich – wie im Regelfall – bereits den Behindertengleichstellungsgesetzen von Bund und Ländern oder den einschlägigen Fachgesetzen eine Verpflichtung zur Barrierefreiheit entnehmen, dann darf das Ausschreibungs- und Vergabeverfahren nicht dahinter zurückbleiben.

Die Anforderungen an die Barrierefreiheit, die eine IT-Lösung in jedem Fall erfüllen muss, sind deshalb als Ausschlusskriterien in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen.

In der Unterschwellenvergabeordnung haben sich der Bund und die Länder zudem darauf verständigt, die Regelungen zur Barrierefreiheit in § 121 Abs. 2 GWB und in § 58 Abs. 2 Nr. 1 der Vergabeverordnung auch auf Ausschreibungen unterhalb der EU-Schwellenwerte anzuwenden (§§ 23 Abs. 4, 43 Abs. 2 Nr. 1 UVGO).

Die vorliegende Handreichung zeigt für eine neu zu entwickelnde IT-Lösung (Desktop- und Web-Anwendung) auf, wie sich die Vorgaben zur Barrierefreiheit in einem Ausschreibungs- und Vergabeverfahren umsetzen lassen. Die Handreichung gilt nicht für Standardsoftware und solche, die an Kundenbedürfnisse angepasst wird. Hierzu enthält die Handreichung zahlreiche Vorlagen mit konkreten Anregungen und Beispielen, die sich in die Ausschreibungs- und Vergabeunterlagen übernehmen lassen. Den einzelnen Formulierungsvorschlägen ist jeweils eine kurze Erläuterung (Zielsetzung) dazu vorangestellt, aus der sich ergibt, warum der Textbaustein für das Ausschreibungs- und Vergabeverfahren wichtig ist. Ergänzt werden die Textbausteine durch Hinweise zu den bestehenden Anpassungsmöglichkeiten. Die Handreichung entbindet nicht von der Verpflichtung, bei jeder Ausschreibung selbständig zu prüfen, wie sich die Barrierefreiheit bestmöglich in den Ausschreibungs- und Vergabeunterlagen berücksichtigen lässt.

Schon aus diesem Grund kann keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der wiedergegebenen Formulierungsvorschläge und Anregungen übernommen werden.

Barrierefreiheit kann nur gelingen, wenn die erforderlichen Weichenstellungen bereits im Ausschreibungs- und Vergabeverfahren vorgenommen werden. Hierfür bietet die Handreichung Unterstützung und Hilfestellung.

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