Zielsetzung
Permalink "Zielsetzung"In die Ausschreibungs- und Vergabeunterlagen ist ein eigener Abschnitt zur Barrierefreiheit aufzunehmen, z. B. in der Leistungsbeschreibung. Der Abschnitt formuliert allgemeine Anforderungen an die Barrierefreiheit des Ausschreibungsgegenstandes, erläutert die Ziele einer barrierefreien Gestaltung und verdeutlicht, dass die Anforderungen zur Barrierefreiheit eine wesentliche Voraussetzung für die Qualität der ausgeschriebenen IT-Lösung bilden.
Formulierungsvorschlag
Permalink "Formulierungsvorschlag"Die Barrierefreiheit der zu erstellenden IT-Lösung ist im Rahmen der Entwicklung und Programmierung von Beginn an konsequent, umfassend und uneingeschränkt zu verwirklichen. Die IT-Lösung muss auch für Menschen mit behinderungsbedingten Einschränkungen (Nutzung ohne oder mit eingeschränktem Sehvermögen, ohne oder mit eingeschränktem Hörvermögen, ohne oder mit eingeschränktem Sprachvermögen, mit eingeschränkter Reichweite, Handhabung oder Kraft, ohne Risiko epileptischer Anfälle, mit eingeschränkten kognitiven, sprachlichen oder Lernfähigkeiten; siehe EN 301 549, Abschnitt 4.2) barrierefrei zugänglich und nutzbar sein.
Hierzu sind die Anforderungen zur Barrierefreiheit, die sich aus den einschlägigen technischen Standards (insbesondere EN 301 549, DIN EN ISO 9241-171 und DIN ISO 14289-1) und aus der Handreichung „Barrierefreie Gestaltung von User Interface-Elementen“ https://handreichungen.bfit-bund.de/barrierefreie-uie/ ergeben, einzuhalten und umzusetzen.
Barrierefreiheit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine IT-Lösung für alle Nutzenden in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und bedienbar ist (siehe § 4 BGG und die entsprechenden Vorschriften in den Behindertengleichstellungsgesetzen der Länder). Soweit die IT-Lösung nicht bereits selbst assistive Technologien enthält, muss über eine Schnittstelle für assistive Technologien eine uneingeschränkte Nutzung ermöglicht werden. Von Barrierefreiheit in diesem Sinn kann nicht gesprochen werden, wenn für assistive Technologien erst Anpassungen z. B. durch eine Hilfsmittelfirma programmiert werden müssten.
Dies bedeutet, dass unter anderem folgende Voraussetzungen erfüllt sein müssen:
- Die vollständige Bedienbarkeit per Tastatur muss für die gesamte Anwendung gewährleistet sein.
- Die Größe von Schrift und Symbolen, sowie Farben und Kontraste müssen individuell einstellbar sein.
- Die Bedienbarkeit mit einem Screenmagnifier (Vergrößerungssoftware) wird durchgängig unterstützt (einschließlich Fokusverfolgung und Schriftglättung).
- Die uneingeschränkte Nutzbarkeit und Bedienbarkeit mit einem Screenreader (einschließlich Braillezeile und Sprachausgabe) wird für die gesamte Anwendung gewährleistet.
- Die gesamte Anwendung ist vollständig über eine Spracheingabesoftware bedienbar.
An den IT-Arbeitsplätzen des Auftraggebers werden – abhängig von den jeweiligen Anforderungen der betroffenen Nutzenden – derzeit insbesondere folgende Produkte assistiver Technologien zur Unterstützung motorisch eingeschränkter, sehbehinderter oder blinder Personen eingesetzt:
- Screenreader [Produktnennung, siehe Anpassungsmöglichkeiten]
- Screenmagnifier (Vergrößerungssoftware) [Produktnennung, siehe Anpassungsmöglichkeiten]
- Sprachsteuerungssoftware [Produktnennung, siehe Anpassungsmöglichkeiten]
Die genannten Technologien werden für die Bewertung der Barrierefreiheit der IT-Lösung herangezogen. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Nutzenden muss davon ausgegangen werden, dass an den verschiedenen Arbeitsplätzen des Auftraggebers unterschiedliche Produkte für Vergrößerung und als Screenreader sowie zur Steuerung über Spracheingabe eingesetzt werden. Deshalb ist Robustheit im Sinne der EN 301 549, Abschnitt 9.4, 10.4 und 11.4, eine wichtige Voraussetzung.
Die zu entwickelnde IT-Lösung muss die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllen, damit sie für den operativen Betrieb freigegeben werden kann. Die einzuhaltenden Anforderungen an die Barrierefreiheit ergeben sich aus den in der Leistungsbeschreibung referenzierten Normen und Standards. Die Handreichung „Barrierefreie Gestaltung von User Interface-Elementen" [https://handreichungen.bfit-bund.de/barrierefreie-uie/] ist als Ergänzung hierzu – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – zu verstehen. Sie ersetzt nicht die Einhaltung der genannten Normen und Standards in der jeweils aktuellen Fassung.
Anpassungsmöglichkeiten
Permalink "Anpassungsmöglichkeiten"Im Formulierungsvorschlag sind die an den Arbeitsplätzen der Beschäftigten eingesetzten assistiven Technologien unter Angabe der jeweiligen Produktbezeichnung zu nennen.
- Für das Betriebssystem Windows gängige Screenreader sind bspw. JAWS und NVDA, gängige Vergrößerungsprogramme mit ergänzender Sprachausgabe bspw. ZoomText und SuperNova.
- Für das Betriebssystem macOS und iOS sind gängige Screenreader bspw. VoiceOver und maginifier Zoom
- Für das Betriebssystem Android ist der gängige Screenreader bspw. TalkBack
- Als Programm zur Sprachsteuerung werden bspw. Dragon Naturally Speaking oder betriebssystem-eigene Funktionen eingesetzt.
- für das Betriebssystem Linux gängige Screenreader bspw. Orca (Open Source) und SpeakUp (Open Source)
- Zu jedem Hilfsmittel sollten mindestens zwei verschiedene Produkte in den Formulierungsvorschlag aufgenommen werden.
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