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Lernziel für diesen Abschnitt:

  • Verständnis für eine notwendige Ansichtenauswahl entwickeln

Best Practice zur Auswahl von Ansichten zur Prüfung von Mobilen Anwendungen (Apps)

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Generell gilt es, das Thema digitale Barrierefreiheit auch bei Apps von Anfang an zu berücksichtigen. Das heißt, diese Frage fängt beim Produktkonzept an und zieht sich über alle Stufen in einem Software Development Life Cycle.

In dem hier dargestellten Best Practice Ansatz soll eine Orientierung geschaffen werden, mit welchen Fragestellungen sich Interessierte beschäftigen sollten, wenn über eine Evaluation bzw. Test einer App nachgedacht wird. Damit eine möglichste breite Abdeckung beim Testen stattfindet, sollen zwei Dinge berücksichtigt werden:

  • Das Testergebnis wird umso aussagekräftiger, je mehr Betroffenengruppen auch bei der Prüfung als Tester / Probanden involviert werden. Details dazu finden Sie in der Darstellung: „Vielfalt der Bedürfnisse von Nutzenden und Interaktionsmöglichkeiten“. Mit den Informationen können Sie entsprechende Testgruppen definieren.
  • Eine sorgfältige Planung der zu prüfenden Ansichten in der App ist ein weiterer möglicher Garant für eine gute Testabdeckung.

In dieser Handreichung sollen Sie Informationen und Impulse finden, die Sie in einer Testdefinition für Apps unterstützt. Diese Empfehlung enthält keine vollständige Testabdeckung, dazu sei an der Stelle auf entsprechende Fachpublikationen zur Softwareevaluation verwiesen. Ebenso ist diese Handreichung kein Ersatz für die Struktur einer eingehenden Prüfung nach EU-Durchführungsbeschluss (EU) 2018/1524.

Dieser Best Practise Ansatz empfiehlt, mit der Prüfung einer App am Ursprung anzufangen. D.h. die Prüfung fängt in dem entsprechenden App-Store an, und zwar an der Stelle, an der die entsprechende App heruntergeladen / installiert werden kann. Damit kann diese Handreichung Abstand von eventuellen Diskussionen erreichen bei Apps, die nicht in öffentlichen App-Stores zu finden sind.

In einem App Store sind üblicherweise wichtige Informationen zu finden: Name der App inkl. Kurzbeschreibung und der Herausgeber sind benannt. Wann erfolgte die Aktualisierung der App im App Store? Hier sind auch Informationen und Hinweise zur Datensicherheit hinterlegt.

Bevor ein Test gestartet wird, sollte geklärt sein, welche Nutzungsszenarien in der App abgebildet worden sind. Es sollte geklärt sein, ob ein Nutzerkonto eine zwingende Voraussetzung darstellt. Bei einigen Nutzerkontoinformationen sind eventuell Testdatasets erforderlich (z.B. eine korrekte prüfbare Adresse, evtl. Versichertendaten, eine Bankverbindung, ein valides Geburtsdatum, Daten aus Schlüsseltabellen und viele weitere mögliche Testdaten). Eine nicht uninteressante Frage ist die Nutzung in strukturschwachen Räumen. Funktioniert diese App auch offline?

Eine Auswahl an Ansichten stellt die folgende Aufstellung dar, die zugleich auch ein notwendiges Minimum beschreibt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Die Startansicht, die sich bei der erstmaligen Nutzung einer App öffnet:

Hier geht es im Test um initiale Eingaben zur Nutzung der App

Die Startansicht, die sich bei der weiteren Nutzung der App öffnet:

Sind auf der Startansicht wiederkehrend andere Informationen zu erreichen, sollte hier versucht werden, eine repräsentative Auswahl zu testen

Wenn die Erklärung zur Barrierefreiheit vorhanden ist:

Hier finden Nutzende Orientierung über eventuell vorhandene Probleme der Barrierefreiheit in der App

Wenn eine Ansicht zur Kontaktaufnahme vorhanden ist:

In der Ansicht zu allen möglichen Eingabefeldern navigieren, damit sichergestellt werden kann, dass auch mit externer Tastatur alle Eingabefelder erreichbar sind

Wenn eine Ansicht zu Supportinformationen vorhanden ist:

Ein möglicher Testschwerpunkt sind Kontaktmöglichkeiten des Supports wie Emailversand, Chat, Chatbot. Genauso aber auch eventuell vorhandene Dokumentationen wie Links zu Webadressen oder eingebettete Dokumente wie PDFs. PDFs bzw. eingebettete Dokumente sollten als relevante Information für Nutzende auch barrierefrei sein.

Wenn eine Ansicht zu Datenschutzinformationen vorhanden ist, diese prüfen. Eine sinnvolle Prüfung bei Datenschutz / Kontaktinformation / Supportinformation kann an der Stelle auch der Verständlichkeit der Informationen dienen, d. h. sind die Texte in einfacher / bürgernaher Sprache oder sogar in Leichter Sprache abgebildet.

Nach den dargestellten Vorbereitungen kann jetzt eine Evaluation / ein Test der mobilen App gestartet werden. Durch Ihre Vorarbeiten und den dabei erhobenen Nutzungsszenarien können Sie jetzt die App testen. Ein Hinweis an der Stelle: Bitte beachten Sie bei Ihren Testdurchführungen, dass Sie alle Nutzungsbedürfnisse berücksichtigen. Nicht immer sind die Testanforderungen (insbesondere bei der Nutzung von assistiven Technologien) deckungsgleich. Wird z. B. mit der Persona eines blinden Nutzers getestet, werden andere technologische Anforderungen bedient, als wenn Sie mit der Persona eines physisch Eingeschränkten testen. Hinweis: Haben Sie technologische Bausteine zur Suche in der App, testen Sie diese bitte auch mit unterschiedlichen Suchmethoden, damit sich ändernde Suchergebnisse in den Test kommen. Eventuell verhält sich ein Suchergebnis, das über mehr als eine Seite geht, anders in der Bedienung als ein einseitiges Suchergebnis.

  • Dieses Dokument beschreibt keine vollständige Evaluation nach Durchführungsbeschluss.
  • Überwachungsstellen testen im Rahmen der eingehenden Übverwachung Apps nach EN 301 549 und Stand der Technik.
  • Eine Prüfung von herunterladbaren Dokumenten ist hier nicht berücksichtigt.

Erdmuthe Meyer zu Bexten, Michael Düren · · CC-BY-SA 4.0